Wann hast du das erste Mal bewusst Musik wahrgenommen?
Als Kind die Schlümpfe kann ich mich erinnern! (lacht) Meine Mutter war die musikalischere vom Zugang, wobei sie einen ganz anderen Zugang hat. Meine Eltern haben das beide sehr forciert, im Sinne von gesellschaftlicher Unterhaltung und weniger in Hinblick auf Professionalität. Meine Mutter hat mit schon als Kind immer gesungen – ohne Druck oder sonstigen Erwartungshaltungen. Das ist mir, glaub ich, irgendwo hängen geblieben.
D.h. deine Eltern haben dich positiv gefördert, aber nicht zu etwas genötigt?
Genau. Es war auch so, dass sie selber es nicht professionell gemacht haben und deshalb war auch nicht der Anspruch an mich, das so zu machen. Das ist dann rein aus mir heraus entstanden.
Hast du dann auch mit Freunden oder in der Schule angefangen, Musik zu machen? Oder war das nur über deine Mutter?
Weil du mich gefragt hast, wann ich das erste Mal mit Musik zu tun gehabt hab, war das natürlich vor der Schule schon, aber ich kann mich dann an den Musikunterrricht erinnern, wo wir dann selbst einen Text zu einem einfach volksmusikalischen Stück gedicht haben. Da war ich sehr engagiert, weil mir das Spaß gemacht hat. Und das haben wir dann vorgesungen. Ich kann mich erinnern, dass sich da keiner was dabei gedacht hat - auch von den Jungs nicht. Da war überhaupt keine Angst dahinter, dass man da schlecht aussteigen könnte. Das war ein ganz natürlicher Zugang. Das hat sicher auch damals die Lehrerin gefördert. Und in der Hauptschule dann hab ich eine sehr engagierte Musiklehrerin gehabt, die Gitarre unterrichtet hat. Die hat dann im Freigegestand Gitarrenunterricht angeboten und irgendwie hab ich gar nicht die Idee gehabt, dass ich das mache. Ich hab es dann meiner Großmutter, wo ich aufgewachsen bin, erzählt, dass das jetzt stattfindet und dass da einige Mädels mitmachen. Dann war sie diejenige, die gesagt hat: "Ja wir haben eh eine Gitarre. Das könntest du ja auch machen!". Und dann bin ich da mit dabei gewesen.Und dann war das so, dass die Gitarre immer mein Begleitinstrument war. Für mich war das Gitarrespielen da, damit ich dazu singen kann. Das hat sich schon in der Hauptschule entwickelt, dass ich die Gitarre nur so eingesetzt hab, dass ich Songs, die mir gefallen haben, begleitet hab und dazu gesungen hab. Da war auch noch eine andere Freundin, mit der hab ich dann bei Veranstaltungen zweistimmig gesungen. Bei meiner Oma im Seniorenclub haben wir dann unsere ersten Auftritte gehabt. (lacht) Das war ganz ohne irgendeinem Erfolgsdruck, ganz auf der Herzebene.
Wann war dieser erste Auftritt?
Der erste Auftritt? Das war irgend so eine Klassenveranstaltung in der zweiten oder dritten Klasse Hauptschule.
Also hattest du schon relativ früh deine ersten Auftritte?
Naja, es war der einzige! (lacht) Und das mit der Oma im Seniorenclub eben. Ich weiß noch, da hab ich mit meiner Freundin aus der Schule das präsentiert. Und dann war da eigentlich lang nichts. Ich hab das einfach für mich allein daheim selber forciert. Ich hab mich stimmlich weiterentwickelt und selbst an mir gearbeitet. Das aber sehr intensiv.
Aber das heißt, du bist gerne in den Musikunterricht gegangen?
Das war irgendwie etwas das ich können hab - im Vergleich zu Mathematik. (lacht) Ich kann mich erinnern, auch in der weiterführenden Schule, dass ich oft Stunden damit verbacht habe, zu singen. Mich mit meiner Stimme zu beschäftigen war wirklich so ein Rückzugsort, weil ich da immer positives Feedback bekommen hab. - Das war ja in der Schule sonst nicht so häufig. (lacht) Infolgedessen hat das das Singen sicher auch gefördert. Da war ich aber dann schon in der HBLA.
Hast du außerhalb der Schule auch Unterricht genommen?
Ich war mehr mit der Schule beschäftigt. Nachdem ich im Internat war, hab ich eigentlich nur in Chören gesungen. Wenn ich mal daheim war auch im Kirchenchor. Daich nie an einem fixen Ort war - entweder im Internat, bei meiner Oma oder einem Elternteil - war das ein wenig kompliziert. Ich hatte dadurch nie einen Ruhepol. Den hab ich wenn in mir gefunden, wann immer ich Musik gemacht hab. Als ich dann gesagt hab, dass ich das mit dem Singen weiter ausbauen möchte, war ich schon mit der Ausbildung zur Diplomkrankenschwester fertig. Nachdem das Alles abgeschlossen war, hab ich gesagt, ich möchte eigentlich gern einmal in einer Band singen. Dann hab ich mit einer Zeitschrift - Rundschau glaub ich - auf die Suche nach einer Band begeben. Und ich bin wirklich fündig geworden. Zu dem Zeitpunkt war ich schon über 20. Da hab ich mir dann auch gedacht, dass ich einmal Gesangsunterricht nehmen und das Ganze professioneller angehen sollte. Also relativ spät eigentlich. Auch während des Gesangsunterrichts hab ich sehr intensiv an mir selbst gearbeitet. Ich hab mich da immer mit einem ganz einfachen Radio aufgenommen, angehört und an mir "herumgebessert".
Spielst du heute noch Gitarre?
Naja, als ich ihn (Anm. Arne "Lanvall" Stockhammer, Gitarrist ihrer Band Edenbridge) kennegelernt hab, hat er meine Telefonnummer gekriegt, damit ich bei ihm Gitarrenunterricht nehme. Irgendwie hat sich das Ganze anders ergeben und wir sind einen Tag später zusammengekommen. Das ist jetzt schon ein paar Jährchen aus. Und so hab ich das Gitarrenspielen dann mehr und mehr ad acta gelegt. Also ich spiele schon ab und zu für mich daheim, aber ich hab mich dann mehr auf das Singen konzentriert. Nachdem es nicht mehr notwendig ist, da ich eh Musiker hab, die für mich spielen, war es nicht mehr so vorderangig. Sonst hätt ich schon den Anspruch gehabt, dass ich das mit Solo-Gitarre auch ausfeile. Aber ich hab mich dann wirklich auf die Stimme konzentriert und das Gitarrespielen ihm überlassen.
Also Gitarre war für dich eigentlich nie ein Solo-Instrument?
Ja, es war für mich immer Mittel zum Zweck, damit ich singen konnte. Obwohl es dann bei der ersten Band, wo ich mich als Sängerin beworben hab - so eine Girlie-Band -, dann so war, dass es keine gab, die Gitarre spielen konnte. Also war ich erst recht wieder die Gitarristin und nicht Sängerin. Diese Band war die Idee von einem Pub-Besitzer. Er wollte das Pub etwas aufwerten, indem da eine Gruppe Mädels spielt. Es habe sich dann eben auch einige gefunden, aber eine davon hat kein Instrument spielen können. Singen konnte sie zwar auch nicht, aber das war dann die Sängerin. Das war auch der Punkt, wo ich gesagt hab, dass mir das zu peinlich ist. Ich bin dann dort ausgestiegen und hab danach das erste Mal Gesangsunterricht genommen. Das war um 95, 96 herum.
Die jetzige Band hast du mitbegründet?
Es hat vorher ein Projekt gegeben, daraus ist diese Band entstanden und in dieses Projekt bin ich 1996 eingestiegen. Damals gab es aber noch nicht die Idee, dass es sich so entwickelt. Arne, Songwriter und Texter, hatte vorher bzw. parallel Solo-Projekte und es war nicht der Plan, dass das dann so aufgeht. Ich bin dann jedenfalls 1996 eingestiegen und hab parallel dazu weiter Gesangsunterricht genommen. 1998 haben wir dann die erste CD aufgenommen. Da war es dann klar, dass es in eine professionellere Richtung gehen wird. 2000 haben wir dann den Plattenvertrag unterschrieben und da ist es dann so richtig losgegangen. Ich bin schon ziemlich ins kalte Wasser geworfen worden bzw. selber gesprungen - je nachdem, wie man es sieht. Ich hatte ja fast keine Live-Erfahrung. Es war wirklich eine Herzensangelegenheit und ich musste einfach mit der Zeit noch ein bisschen reinwachsen.
Wie ist es dann so als Frau in einer Metal-Band?
Meine Lieblingsfrage! (lacht)
Hast du eine besondere Stellung oder ist es ganz normal?
Für mich ist es ganz normal. Uns gibt es ja auch schon seit 1996. Nachdem ich da reingewachsen bin, ist das für mich ganz normal. Am Anfang war ich natürlich naiv und hab die (Metal-) Szene nicht von innen gekannt - ich komm eigentlich mehr aus dem Hardrock-, Popbereich. Was man eben so üblicherweise gehört hat, ganz gemischt. Metal in dem Sinn hab ich keine Vorerfahrungen - auch nicht aus der Szene - mitgebracht. Da bin ich erst reingewachsen. Die Bands, mit denen wir unterwegs waren, und die Leute, die wir kennengelernt haben, waren sehr positiv uns gegenüber gestimmt und haben uns sehr gefördert. Ich hab das von Anfang an sehr positiv wahrgenommen. Die frauenfeindlichen Tendenzen, die in der Szene auch vorhanden sind, hab ich damals nicht wahrgenommen. Das war kein Thema. Infolgedessen bin ich da ganz naiv hineingewachsen. Erst mit den Jahren lernt man natürlich auch die Schattenseiten kennen. Das ist mitunter schon mühsam, wenn man damit konfrontiert wird. Aber im Grunde gehe ich immer davon aus, dass der, dem das nicht gefällt, sich das nicht anhören muss. Und wenn er ein Problem mit Frauen hat, ist das nicht unser bzw. mein Problem. Ich versuch mich damit gar nicht zu konfrontieren. In der Band ist das sowieso kein Thema, da wir uns ja gut verstehen. Da sind wenn übliche Auseinandersetzung, die andere genauso haben.
Vom Publikum gibt es also unterschiedliche Reaktionen?
Ja das kommt darauf an, welches Publikum man hat. Wenn man auf einem Festival unterwegs ist, wo Leute sind, die genau so eine Musik hören wollen, die sind extrem enthusiastisch. Wenn wir in Asien unterwegs sind sie auch extrem enthusiastisch. In Österreich und Deutschland kannst du dann beides haben. Das hängt dann davon ab, mit wem man unterwegs ist. Wenn man mit einer Band unterwegs ist, die mit einer Frau vorne nichts anfangen können, dann kanns mitunter schon mühsam werden. Das ist dann energieraubend. Da lernt man bei sich zu bleiben. Wir polarisieren sehr stark, wie wir mit den Jahren festgestellt haben. Es gibt welche, die finden es total toll und es gibt welche, die können mit eine nicht rockigen melidiösen Stimme nichts anfangen. Mal ist mal der unerreichbare Engel, die Mama und mal die Hure. Das übliche. (lacht) Das kann man nicht ändern, da kann man nur schaun, dass man seins durchzieht. Aber es gibt ja auch genügend andere, die da offener sind. Der Metalbereich ist sehr vielschichtig.
Bist du an der Gestaltung des Band-Konzeptes und des Band-Sounds beteiligt?
Arne schreibt die Texte und die Musik. Am Konzept bin ich nicht so direkt beteiligt. Wobei wir festgestellt haben, dass die Thematiken, mit denen ich mich beschäftige, in den Texten schon immer wieder vorkommen. Das letzte Album heißt "The Bonding", also die Bindung, und ich glaub, dass wir auch auf nonverbaler Ebene verbunden sind. Manches zeigt sich dann in den Texten, von dem wir im Nachhinein feststellen, dass mich das auch beschäftigt und mit dem kann ich auch etwas anfangen. Einen direkten Einfluss hab ich bei der graphischen Umsetzung und am Visuellen.
Also Sound ist eher Arne sein Bereich und du bist aber am Gesamtkonzept beteiligt?
Ja wir tauschen uns natürlich untereinander aus und es entsteht aus dem heraus ein kreativer Prozess. Von dem her hab ich natürlich einen Einfluss.
Hat sich etwas an deiner Stellung in der Band und gegenüber dem Publikum seit eurem Anfang verändert?
Es waren am Anfang andere Musiker, deshalb kann man es nicht wirklich vergleichen. Wir sind insgesamt musikalisch besser geworden und durch die Live-Auftritte viel Erfahrung dazugewonnen. Es hat innerhalb der Band auch einige Wechsel gegeben. Wenn man es professionell betreibt, aber nicht fünf Bandmitglieder davon leben können, ist die Schere oft zu groß, dass man das über einen langen Zeitraum mit den gleichen Musikern durchzieht. Mittlerweile haben wir eine ganz gute Zusammenstellung. Meine Stellung innerhalb der Band hat sich vielleicht dadurch verändert, dass ich mehr Erfahrung hab und mich dadurch auch mehr einbringen, als am Anfang. Aber den anderen ist es auch nicht viel ander ergangen. Die hatten auch nicht wirklich mehr Live-Erfahrung. Es hat sich eher alles weiterentwickelt und wir sind alle daran gewachsen.
Wie viel spielt ihr live? Ihr seid ja recht viel unterwegs, oder?
Fallweise. Jetzt hatten wir eine lange Pause. Unsere längste Tour war sechs Wochen lang, wo wir wirklich fast jeden Tag ein Konzert hatten. Das war dann schon sehr intensiv. Asien-, China-Tour war auch zwei, drei Wochen lang. Arne: 2008 war das stärkste Jahr mit fast 50 Gigs.
Wie viel Alben habt ihr schon prodziert?
Jetzt haben wir gerade das achte Studioalbum aufgenommen.
Ihr arbeitet immer noch in Oberösterreich?
Wir leben in Oberösterreich. Wir hatten teilweise auch Musiker, die in Wien ansässig waren. Auch Arne hat einmal in Wien gewohnt, weil er da studiert hat. Mittlerweile ist aber die ganze Band aus Linz Umgebung.
Ist das kulturelle Umfeld ein Grund, dass ihr in Oberösterreich bleibt? Habt ihr dort eine gute Unterstützung?
Musikalisch ist es jetzt kein Grund gewesen dort zu bleiben, das hatte eher private Gründe. Es hat sich halt so ergeben.
Hast du das Gefühl, dass es mehr Frauen im Popmusikbereich geben sollte bzw. dass es vielleicht mehr Förderung in diese Richtung bedarf?
Schwierig zu sagen. Grundsätzlich find ich es gut, wenn eine Förderung vorhanden ist. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es Sinn macht, das geschlechterspezifisch zu unterstützen. Ich glaube, dass Musik ja an sich ein kreativer Zugang ist und das tut den Männern genau so gut wie den Frauen. Das ist nach wie vor eine persönliche Entscheidung. Es wäre grundsätzlich gut, wenn die Kultur, die Musik gefördert würde. Wenn es Bereiche gibt, wo man sich erfahren kann und wo auch Resonanz da ist. Ich glaub, es ist ganz wichtig, dass man auf Resonanz stößt. Aber das ist ein gesamtpolitisches Thema. (lacht)
Mir scheint es so, dass Frauen in Bands meist am Gesang sind, oder?
Eher am Gesang, ja. Ja ist so. Wobei bei unserem Bereich ist es umgekehrt. Es ist erst zu dem Zeitpunkt, als wir angefangen haben, publik geworden, dass es Frauen im Metalbereich gibt. Das war vorher fast gar nicht vorhanden. Für uns war es aber eigentlich kein Thema. Das hat sich einfach so entwickelt. Es war auch überhaupt kein Hintergedanke da, dass sich das besser verkaufen würde oder wir auf einen Zug aufspringen würden. Als ich 1996 in das Projekt eingestiegen bin, war das überhaupt kein Thema. Das war eine natürliche Entwicklung. Wie das halt vielfach so ist, verändert sich etwas gesellschaftspolitisch und das spiegelt sich, dann etwa wie in unserer Band wieder. Es wird uns und anderen oft vorgeworfen, dass man auf einen Zug aufspringt, aber damit hat das wenig zu tun. Natürlich machen das manche aus kalkühl, aber ich glaube, längerfristig setzt sich das dann nicht durch. Es geht immer noch um die Qualität der Musik und das ist das Um und Auf. Egal ob da dann eine Frau oder ein Mann ist. Aber ist gut, dass im Metalbereich mehr Frauen Fuß fassen, damit die Hardliner ein bisschen gedämpft werden. (lacht) Vielleicht kann man da einen Aufruf starten, dass sich da welche darum bemühen! Aber ich glaub, dass ist auch ein Prozess, der sich noch entwickelt. Es ist immer noch sehr Männerdominiert, aber es ist im Wachsen begriffen. Manche möchten die Szene gern tot haben, aber es funktioniert nicht. (lacht)
Vielleicht wird es ja bald mehr Frauen im Metalbereich geben.
Ja vor allem, die die das wirklich wegen der Musik machen und nicht, um die Schöne abzugeben. Die setzen sich dann eh immer durch.
Dann sag ich danke für das Interview, war sehr informativ!
Ja danke, war sehr nett!
Vielen Dank für das Interview!